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Influencer-Marketing: Flop oder nicht Flop, das ist hier die Frage

In der jüngeren Zeit wurden sehr viele Artikeln über Flops im Influencer-Marketing veröffentlicht. Auch ich habe in meinen Büchern und verschiedenen Blogbeiträgen über Flops im Influencer-Marketing berichtet. Doch ist jede vermeintlich misslungene Influencer-Marketing- oder Social-Media-Kampagne die in den Medien durch den Kakao gezogen wird wirklich ein Flop? Oder sind findige Marketeers an manchen Stellen einfach cleverer als die Journalisten, die hinter jeder skurrilen Aktion gleich einen Mega-Flop wittern? In der Folge möchte ich dieser Frage anhand konkreter Beispiele einmal nachgehen. Zuvor jedoch noch einige Anmerkungen aus medienpsychologischer Sicht.

Influencer-Marketing nutzt im Kern die Reichweite der Influencer. Kein werbetreibendes Unternehmen wird jedoch etwas dagegen haben, wenn eine Kampagne zusätzlich noch einen viralen Effekt erreicht und in den sozialen Medien entsprechend häufig geteilt und geliked wird. Wie aber entstehen virale Effekte? Was wird in den sozialen Medien gerne geteilt, geliked oder kommentiert?

Aus einer Analyse von 4,5 Millionen Facebook- und Instagram-Anzeigen, die die Firmen Social Bakers und Hubspot im Jahr 2016 gemeinsam veröffentlicht haben[1], geht hervor, dass die Häufigkeit von Interaktionen insbesondere davon abhängt, ob ein Post die Emotionen der User weckt. Beispielsweise werden emotionale Posts fünfmal häufiger kommentiert, geteilt oder geliked als Posts zu  Sonderangeboten oder Gewinnspielen. Auf rein informative Posts reagieren User nicht einmal halb so oft wie auf emotionale. Sicherlich ist das auch ein Grund für den Hype um das sogenannte »Emotional Storytelling«.

Die meisten Interaktionen erreichen Posts, die bei Facebook-Usern Freude auslösten. Posts, die Angst hervorrufen, werden vergleichsweise oft auf der eigenen Timeline geteilt. Wut-Posts werden besonders gerne kommentiert, aber auch geteilt und dabei gleichzeitig kommentiert. Häufig sind empörende Kommentare das Ergebnis der Emotion »Wut«. Besonders in Deutschland wird sich schnell und gerne empört – auch bzw. im Besonderen in den sozialen Medien.

Man könnte daher auch auf die Idee kommen, dass manche Influencer- oder Social-Media-Kampagne, die in den Medien als totaler Flop dargestellt wurde, ganz bewusst provokant, skurril oder empörend konzipiert worden ist, um die Reichweite über virale Effekte zu maximieren. Das ist natürlich reine Spekulation und damit zunächst einmal nur eine These. Aber Marketing ist bekanntlich ja eine Teildisziplin der Betriebswirtschaft und damit eine Geisteswissenschaft. Daher erlaube ich mir an dieser Stelle einmal, mit einer These zu arbeiten. Mit einigen Beispielen möchte ich diese untermauern.

Beispiele Bifi und Milka

Anfang des Jahres machte besonders Der Fall Bifi Negativschlagzeilen. Besonders das Bild der Influencerin Donna Adrienne hat in den Medien für einen extremen Widerhall gesorgt. Eine Welle der Aufregung brandete über dieses scheinbar sinnentleerte Badewannenbild mit Bifi. U. a. berichteten der Stern, MTV und Horizont. Scheinbar hatte es eine Influencerin übertrieben. Oder vielleicht doch nicht?

Bad mit Bifi. Quelle: Instagram, Zugriff 26.05.2018, URL https://www.instagram.com/p/BfL1j84nK99bH0wvJnDnXXxtbsXQkq_WpYkGkM0/?hl=de&taken-by=donnaxadrienne

Nur weil Menschen sich über eine Werbung empören, muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass diese nicht wirkt. Auch in der konventionellen Werbewelt gibt es genügend Beispiele für vergleichsweise bescheiden gemachte Werbung, die dennoch wirkt. Oder finden Sie den Radiospot von Seitenbacher Müsli gelungen? Oder die Trigema-Werbung mit Herrn Grupp?

Eine Bifi kostet zwischen 0,60 und 0,70 Euro. Glauben Sie, das Badewannenbild hat der Marke geschadet? Ohne Zweifel hat es für eine Menge Furore gesorgt und so die Reichweite viral befeuert. Aber hat es dem Image der Marke geschadet? Und wenn ja, was überwiegt – der Schaden oder die günstig erworbene Reichweite durch den viralen Effekt? Antworten auf diese Fragen wird wohl nur die Marketingabteilung des Bifi-Produzenten LSI haben.

Anders gelagert könnte der Fall bei dem Bild mit der Milka Schokolade auf dem Klo sein.

Überall dabei von tylertroublez. Quelle: Instagram, Zugriff 26.04.2018, URL https://www.instagram.com/p/BeYgZksFDzG/?hl=de&taken-by=tylertroublez

Milka liefert sich in Bezug auf die Marktanteile bei Tafelschokolade seit Jahren ein hartes Kopf an Kopf-Rennen mit Ritter Sport. Seit 2016 versucht Milka die »Zartheit« und die hervorragende Produktqualität seiner Schokolade über entsprechende Bildwelten für die Zielgruppe erlebbar zu machen. Als Beleg für diese Aussage können zwei Milka-Spots aus 2016 und 2018 herangezogen werden:

https://youtu.be/KJMHDq3oMCM, Zugriff 22.05.2018

https://youtu.be/CnhdJyIlj-Q, Zugriff 22.05.2018

Meine Frage ist nun, ob das Bild »Herr mit Milka auf dem Klo« das Image von »Zartheit«, gepaart mit hervorragender Produktqualität unterstützt? Persönlich habe ich da meine Bedenken. Die Assoziation von brauner Schokolade mit anderen braunen Elementen, die üblicherweise auf einem Klo entsorgt werden, lässt mich zweifeln.

Beispiel BIPA

Ein weiteres Beispiel für empörende Werbung aus der Social-Media Welt ist ein Post der Firma BIPA. BIPA ist ein österreichisches Unternehmen welches rund 600 Drogeriemärkte betreibt. Es zählt damit zu den größten Drogeriefachhändlern Österreichs. Zum Weltfrauentag (8. März 2018) veröffentlichte das Unternehmen auf seiner Fanpage einen Post mit einem Hinweis auf 25 % Rabatt auf Haushalsmittel.

Der Post löste eine Welle der Empörung aus. Er wurde 100 Mal geteilt und unzählige Male von Usern kommentiert. Auch in den Medien wurde die Aktion aufgegriffen. Über den Fall berichteten u. a. der Kurier, Business Live und bento.  Auf den folgenden Seiten finden Sie sowohl den Post als auch einige Kommentare.

Auf die Welle der Empörung reagierte BIPA relativ professionell. Betrachtet man die Anzahl der Beschwerden[2], die in den letzten 10 Jahren beim Werberat zu unterschiedlichen BIPA-Aktionen eingegangen sind, so könnte man auch auf die Idee kommen, dass dieses Vorgehen Methode hat.

BIPA Werbung zu Ostern. Quelle: Facebook, Zugriff 22.05.2018

Auszug aus den Kommentaren zum Post

  • Das nenn ich mal einen richtigen Griff ins Klo. Wasch- und Putzmittel am Frauentag günstiger? Na dann liebe „Mädchen“ – ab an eure angestammten Plätze wie Herd und Haushalt. Alleine schon die Hashtags: „Mädchen“ statt Frau und „starke Männer“. Hier haben einige Marketing-Leute ein paar Jahrzehnte verschlafen fürchte ich…
  • Warum müssen Frauen “unterstützt” werden im Haushalt? Gehört das Haus/die Wohnung denn nur der Frau? Was ist der Mann dann – Gast? Jede und jeder übernimmt ihren/seinen Anteil – Punkt.
  • Hallo Bipa, eure ganze Werbekampagne ist zum Kotzen. “Weil ich ein Mädchen bin” ist eine Frechheit – keine einzige der Frauen ist ein Mädchen, oder will ein Mädchen sein, oder will kleingemacht werden. Fragt doch mal euren Werbefritzen (ganz sicher ein Mann, der sich das ausgedacht hat) ob er wenn er Werbung für Männer macht, die Buben nennt. “Ich trinke XY Energydrink, weil ich ein Bub bin”. Nein. er würde Männer immer Männer nennen. Frauen Mädchen zu nennen ist abwertend, macht sie klein, und hält Männer groß. Weiters: Ich pack mit im Haushalt an: Schaut euch doch mal dieses Video an – vielleicht versteht ihr ja dann, was mit euerer Werbung schiefläuft : https://www.youtube.com/watch?v=JPjlekninV4
  • wtf?! frauen werden durch günstigere putzmittel gewürdigt?? und männer dafür, dass sie im eigenen haushalt “mithelfen” (und nicht ihren anteil im haushalt machen) auf ein podest gehoben? selten so eine schlechte aktion zum weltfrauentag gesehen!
  • 25% auf putzmittel findet ihr scheiße – weil Klischee – na macht ja nix – wir haben ja heute auch -30% auf Schminksachen<3

Beispiel Palmers

Auch der folgende Post der Firma Palmers löste eine Welle der Empörung und eine heftige Diskussionen über Sexismus und Prüderie aus. Die Palmers Textil AG, bekannt als PALMERS, ist Österreichs größter Textilkonzern. Das Sortiment umfasst Dessous, Bademode, Nachtwäsche, Loungewear und Strumpfware.  Der Post zeigt sechs junge Frauen in knappen Höschen. Kritiker warfen der Firma Palmers vor, sie setze Kinder halbnackt in Szene und mache frauenfeindliche Werbung. In der Folge entstand ein Shitstorm.

In gut sechs Wochen erreichte der Post nur auf Facebook knapp 2500 Likes und 570 Kommentare. Ein Vielfaches an Kommentaren ging auf anderen Plattformen und über andere Social-Media-Kanäle ein. U. a. berichteten Horizont, Kronen Zeitung, Wienerin und Heute.

Palmers Osterhöschen. Quelle: Facebook, Zugriff 22.04.2018

Auf die Welle der Empörung hat die Firma Palmers mit einem Statement[3] des CEOs, Marc Wiesner, reagiert. Am Ende dieses sehr langen Statements verwies Herr Wiesner darauf, dass weniger als 130 von 1600 Kommentaren auf der Palmers Fanpage negativ ausfallen.

Auch über die Firma Palmers gehen regelmäßig Beschwerden[4] beim Werberat ein. Auch hier könnte man auf die Idee kommen, dass das Vorgehen von Palmers Methode hat.

 

[1]       Vgl. https://offers.hubspot.de/die-zukunft-der-werbung-auf-facebook-und-instagram, Zugriff 22.05.2018

[2]       Vgl. https://www.werberat.at/search.aspx?searchText=bipa

[3]       Vgl. http://www.heute.at/oesterreich/news/story/-Osterhoeschen—Jetzt-schlaegt-Palmers-zurueck–48713883, Zugriff 22.05.2018

[4]       Vgl. https://www.werberat.at/search.aspx?searchText=palmers, Zugriff 22.05.2018

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