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VOICE MARKETING, VOICE SHOPPING UND VOICE SEARCH VERÄNDERN DAS MARKETING

Ziel dieses Artikels ist es, für das Thema »Voice Marketing« im weitesten Sinne zu sensibilisieren und die Grundlagen kurz und prägnant zu erläutern. Das Thema »Voice Marketing« wird die Mediennutzung nachhaltig verändern und damit auch das Marketing von Unternehmen und Institutionen beeinflussen.

Ein Trend der seit 2019 ebenfalls Fahrt aufgenommen hat ist das Thema »Voice Marketing«. Seit Juni 2019 gibt es sogar ein Buch zu diesem Thema bei einem renommierten Verlag.[1] Konkret geht es beim Voice Marketing um die kommerzielle Nutzung von Sprachassistenten (Smart Speaker). Bekannte Vertreter sind Amazons Alexa, Apples Siri, Microsofts Cortana und Google Home. Auch Facebook hat 2018 einen Smart Speaker angekündigt. Im Kern geht es darum, Botschaften und/oder Informationen ausschließlich über gesprochene Sprache und/oder Musik zu transportieren. Populäre Anwendungsgebiete sind z.B. Podcasts, die ebenfalls seit einigen Jahren sehr boomen. Ein weiteres Beispiel ist die sprachgesteuerte Informationsbeschaffung (zu neudeutsch Voice Search). Mit der zunehmenden Verbreitung der Smart Speaker werden diese Anwendungsbereiche im kommerziellen Sinne immer interessanter. Dieses Phänomen ist ja nicht neu. Überall dort, wo Massen bequem erreichbar sind, entwickelt sich früher oder später ein kommerzielles Interesse unterschiedlicher Marktteilnehmer. Reichweite schafft Begehrlichkeiten. Das war beim TV so, bei Social-Media, bei Influencern und es wird bei Voice nicht anders sein. 

Smartspeaker in Zahlen

Im Q4 2018 (Weihnachtsgeschäft) wurden weltweit 38,5 Millionen Smart Speaker verkauft. Im Q1 2019 waren es 25,9 Millionen. Zum Vergleich: Im Q4 2016 waren es nur 4,6 Millionen und im Q1 2017 nur 3,9 Millionen. Salopp ausgedrückt könnte man sagen, dass sich die Verkaufszahlen in drei Jahren verzehnfacht haben. Laut einer Prognose von Strategyanalytics[2] wird der Umsatz mit intelligenten Lautsprechern im Jahr 2022 weltweit bei 5,5 Milliarden US-Dollar liegen. 2017 waren es nur rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Aktuell ist dieses schnell wachsende Marktsegment auf dem besten Weg, die Kraftverhältnisse im digitalen Marketing tüchtig durcheinander zu wirbeln.

Vorteile (in der Theorie)

Amazon Echo Voice Marketing mit Alexa
Photy by Grant Ritchie on Unsplash

Die Entwicklung von Voice Marketing steht erst am Anfang. Zwar werden Sprachassistenten schon heute in sehr vielen unterschiedlichen Anwendungsbereichen eingesetzt,  technologisch ist dieser Bereich jedoch noch lange nicht ausgereizt. Bereits heute kursieren Buzzwords the Voice Messenger, Voice Notification, KI-Lautsprecher, Internet of Voice u. a. m. Fast jedes große Callcenter nutzt heute schon einen Sprachassistenten um im First Level Support Anfragen zu segmentieren und zu steuern. Schon heute werden weltweit Bestellungen im Wert von über zwei Milliarden US-Dollar über Sprachassistenten getätigt.   Wie lässt sich dieser kurzfristige Erfolg erklären? Wie erfolgreich werden Voice-Anwendungen erst, wenn die Anwendungen um künstliche Intelligenz ergänzt werden? Die zwei wesentlichen Erfolgsbausteine für Voice Marketing sind Barrierearmut und  Natürlichkeit. Kaum ein Kommunikationskanal ist natürlicher und barriereärmer als die gesprochene Sprache. Sprachassistenten sind heute schon in fast jedem Smartphone implementiert. Sie sind auf jedem PC, auf jedem Laptop,  in vielen PKWs oder in Form separater Geräte, wie beispielsweise dem Amazon Echo, im Alltag fast aller Menschen verankert. Was ist natürlicher, bequemer und einfacher, als in den Raum einen Satz zu sprechen wie beispielsweise:

»Alexa, bestelle mir das Buch “Praxiswissen Online-Marketing von Dr. Erwin Lammenett.« oder

»Ok Google, wie sind die Öffnungszeiten der Roetgen Therme heute?« oder

»Ok Google, zeige mir Dachdecker in der Nähe«, oder

»Ok Google, suche mir einen Lieferanten für Schichtdickenmessgeräte«?

Gängige Anwendungsbereiche und Veränderungen der Mediennutzung

Sprachassistenten können auf vielfältige Weise eingesetzt werden. Ich möchte mich im Rahmen dieses Beitrags auf die aktuellen Top-Themen »Voice Search« und »Voice Shopping« konzentrieren. Grundsätzlich muss aber klar sein, dass Sprachassistenten die Mediennutzung insgesamt deutlich verändern werden. Das Ausmaß dieser Veränderung kann aktuell nur erahnt werden. Kar ist: Das Chancenpotential für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg ist immens. Für Marketeers bedeutet die Entwicklung aber, dass sie sich im Idealfall schon heute mit dem Thema beschäftigen sollten. Denn wie so oft werden es die frühen Adopter sein, die sich Wettbewerbsvorteile erarbeiten können. Dabei geht es nicht nur um direkte Verkäufe oder die Auffindbarkeit in der Suchmaschine. Auch Themen wie Branding spielen dabei eine Rolle; im Falle von Sprachassistenten eben das Audio-Branding. Im Idealfall ist das Audio-Branding einer Marke so gut, dass es einen positiven Beitrag dazu leistet, die Botschaften des Werbetreibenden fest im Mindset des Konsumenten zu verankern, beispielsweise über Podcasts. Auch die Möglichkeit der Platzierung von Anzeigen (neudeutsch Voice Ads) bietet neue Optionen für das Marketing. Die gesprochene Sprache kann auch bei Chat-Bots und Chat- oder Messaging-Anwendungen eine Rolle spielen. Dazu aber zu einem späteren Zeitpunkt mehr. 

Voice Search

Ein aktuell ganz heißer Trend ist das Thema Websuche via gesprochener Suchanfragen. Bereits 2018 berichtete Google, dass 20 Prozent der Suchanfragen an mobilen Geräte über Sprache durchgeführt wurden. Angesichts der Wachstumszahlen gehen einige Experten davon aus, dass im Jahr 2020 bereits bis zu 50 Prozent aller Informationsrecherchen mittels Spracheingabe durchgeführt werden. Die Auswirkungen dieser Entwicklungen sind für das digitale Marketing enorm. Die Entwicklung wirft sofort die Frage auf, was in Bezug auf die SEO-Bemühungen eines Werbetreibenden zu berücksichtigen ist, damit zukünftig sein Eintrag und nicht der eines Mitbewerbers auf der Search Engine Result Page (SERP) oben zu finden ist. Diesbezüglich stellt sich die Frage nach einer sprachoptimierten SEO. In diesem Zusammenhang wird ein semantisch korrekter Aufbau von Webseiten und eine semantisch korrekte Auszeichnung von Inhalten noch wichtiger, als sie ohnehin heute schon sind.

Das es Google mit dem Thema »Voice Search« sehr ernst meint, ist spätestens seit der Entwicklerkonferenz I/O 2018 klar. Dort stellte Google »Duplex« vor. Die Idee hinter Duplex ist, dass der Nutzer, also ein Mensch, einem Sprachassistenten eine Aufgabe stellen kann, ohne dass andere involvierte Mensch merken, dass die Aufgabe von einer sprechenden KI[3] erledigt wird. Beispiel: »Ok Google, reserviere mir einen Tisch im Restaurant Mangold in Aachen für morgen, 19 Uhr auf den Namen Lammenett«. Nun, technologisch sind wir noch nicht so weit. Aber es wird auch nicht mehr ewig dauern, bis Sprachassistenten so weit sind. Spätestens wenn das der Fall ist, wird »Voice Search« noch einmal einen gewaltigen Schub erhalten. Auf diese Veränderung und die Unterschiede sollte sich das Marketing im Idealfall lieber früher als später einstellen. Ein großer Unterschied ist der Wegfall der visuellen Komponente. Während die klassische Google-Suche auf dem Smartphone, dem PC oder einem Tablet als Ergebnis immer eine Webseite oder zumindest eine visuelle Ergebnisanzeige im Such-Interface anzeigt, fällt diese visuelle Komponente bei Sprachassistenten natürlich weg.

Durch »Voice Search« entstehen natürlich auch weitere Datenpunkte, die in der bisherigen Form so nicht zur Verfügung standen. Was für Marketer daher interessant werden dürfte, ist der Zugriff auf diese Datenpunkte, um potenzielle Kunden zukünftig noch besser »abzuholen«, denn mit den zusätzliche Daten werden sich vermutlich noch genauere und passendere Empfehlungen für Kunden bzw. Interessenten generieren lassen.

Voice Shopping bzw. Voice Commerce

Um es gleich vorweg zu sagen: Voice Commerce ist, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, in Deutschland noch nicht massentauglich. In den USA ist das schon etwas anders. Dort ist Amazon schon auf dem Weg, dem Kunden mit einem Minimum an Nachfragen die gewünschten Produkte des täglichen Lebens ins Haus zu liefern. In den USA[4] werden Funktionen wie »Buy it again« immer häufiger von den Konsumenten angenommen. Auch Funktionen wie die sprachgesteuerte Statusabfrage einer Bestellung erfreuen sich dort steigender Beliebtheit. Dass so etwas in den nächsten Jahren auch in Deutschland populär wird, halten Handelsexperten für durchaus möglich. Noch ist es aber nicht so weit. Allerdings haben sich fast alle Mega-Trends aus den USA auch in Europa durchgesetzt – zeitversetzt eben. Auch in Deutschland gibt es bereits erste Unternehmen, die mit Sprachassistenten ihren Umsatz ankurbeln. Die Pizza-Lieferkette Domino’s hat beispielsweise im September 2018 die Bestellung per Sprachbefehl ermöglicht.[5]

Die Erwartungen und die aktuelle Realität klaffen derzeit noch weit auseinander. Das kann man u. a. daran erkennen, dass in den Medien Artikel mit so verheißungsvollen Überschriften kursieren wie »Top-Studie: Sprachassistenten sollen sechs Mal mehr Umsatz bringen, und das schon in den nächsten drei Jahren«[6] oder »Revolution im Onlinehandel: Innerhalb der nächsten fünf Jahre wird Voice Ordering etabliert sein, sagt ein Experte«[7]

 – andererseits aber auch Artikel mit Titeln wie »The Reality Behind Voice Shopping Hype«[8], in dem sehr deutlich thematisiert wird, dass das Interesse und die Verkaufszahlen von Sprachassistenten zwar groß sind, aber nur sehr wenige Konsumenten diese zum Einkauf nutzen. 2018 haben gerade mal zwei Prozent der Besitzer eines Amazon Echo über diesen auch eine Bestellung durchgeführt. Und 90 Prozent dieser Käufer gaben an, nach dem einstmaligen Kauf über einen Sprachassistenten diese Möglichkeit kein weiteres Mal genutzt zu haben. Insgesamt ist es dennoch nicht verwunderlich, dass es aktuell kaum ein Thema auf E-Commerce-Konferenzen gibt, welches Händler und Dienstleister mit so großen Hoffnungen verknüpfen wie Voice Commerce. Die Bestellung von Waren per Sprache gilt als »das nächste große Ding«. Es lohnt sicher, die Entwicklungen in diesem Bereich im Auge zu behalten.


[1]  Thomas Hörner, Marketing mit Sprachassistenten, Springer Gabler, 1. Auflage, Juni 2019

[2]  Vgl. https://www.strategyanalytics.com/strategy-analytics/news/strategy-analytics-press-releases/strategy-analytics-press-release/2017/02/27/strategy-analytics-intelligent-home-speakers-to-challenge-smartphones-in-home-of-the-future, Abruf 23.08.2019

[3] künstliche Intelligenz

[4] Vgl. https://www.amazon.com/alexa-voice-shopping/b?ie=UTF8&node=14552177011

[5] Vgl. https://www.dominos.de/%C3%BCber-domino-s/presse/september-18-domino-s-launcht-bestellung-via-sprachbefehl

[6] Vgl. https://www.absatzwirtschaft.de/top-studie-sprachassistenten-sollen-sechs-mal-mehr-umsatz-und-das-schon-in-den-naechsten-drei-jahren-122688/

[7] Vgl. https://www.businessinsider.de/revolution-im-onlinehandel-innerhalb-der-naechsten-fuenf-jahre-wird-voice-ordering-etabliert-sein-sagt-ein-experte-2018-8

[8] Vgl. https://www.theinformation.com/articles/the-reality-behind-voice-shopping-hype

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